Acht Handlungsfelder mit 49 Maßnahmen sollen jüdisches Leben absichern und Antisemitismus bekämpfen
Wien, 09.12.2025 (KAP) Die Bundesregierung hat die überarbeitete Nationale Strategie gegen Antisemitismus (NAS 2.0) vorgestellt und dabei einen deutlich erweiterten Katalog an Maßnahmen für den Zeitraum 2025 bis 2030 präsentiert. Die Neuauflage reagiert nach Angaben von Bundeskanzler Christian Stocker auf den spürbaren Anstieg antisemitischer Vorfälle in Österreich, insbesondere seit dem Angriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023. Die bestehende Strategie sei daher "inhaltlich vertieft, organisatorisch geschärft und um neue Herausforderungen erweitert" worden, ist einem Bericht der Parlamentskorrespondenz vom Dienstag zu entnehmen.
Die NAS 2.0 umfasst insgesamt 49 Maßnahmen in acht Handlungsfeldern, die von der klassischen Bildungsarbeit bis hin zur Bekämpfung digitaler Hassrede reichen. Ziel sei es, Antisemitismus auf allen Ebenen - gesellschaftlich, institutionell und digital - systematisch zu erfassen und zurückzudrängen. Die Regierung sprach von der Schaffung eines "strukturierten, dauerhaften und gesellschaftlich breit verankerten Rahmens", um Antisemitismus entschlossen entgegenzutreten, im analogen sowie digitalen Raum.
Ein zentraler Schwerpunkt liegt auf dem Bereich Sicherheit. Die Regierung plant den weiteren Ausbau des Meldesystems für antisemitische Vorfälle sowie eine engere Zusammenarbeit von Polizei, Verfassungsschutz und zivilgesellschaftlichen Meldestellen. Jüdische Einrichtungen sollen weiterhin finanziell unterstützt und infrastrukturell geschützt werden. Zudem soll geprüft werden, ob bestehende rechtliche Grundlagen - etwa im Strafrecht oder bei Versammlungen - an neue Formen von Hass und Hetze angepasst werden müssen.
Im Bildungsbereich sieht die NAS 2.0 eine deutliche Stärkung der Präventionsarbeit vor. Antisemitismuskritische Inhalte sollen verbindlicher in Lehrplänen verankert, fachspezifische Unterrichtsmaterialien ausgebaut und pädagogische Fortbildungen intensiviert werden. Schulen sollen außerdem besser auf antisemitische Vorfälle vorbereitet werden, durch Krisenhandreichungen, Beratungsangebote und eine stärkere Vernetzung mit externen Fachstellen. Der Bund will weiterhin Gedenkstättenbesuche und Zeitzeugen-Projekte fördern, um die historische Aufklärungsarbeit zu verstärken.
Die Strategie reagiert auch auf die rapide Veränderung der digitalen Kommunikationsräume. Vorgesehen sind eine vertiefte Kooperation mit Social-Media-Plattformen, der Ausbau von Meldestellen für Hate Speech und die Entwicklung technischer Systeme zur Erkennung antisemitischer Inhalte. Maßnahmen der digitalen Grundbildung sollen Jugendliche sensibilisieren und ihnen Werkzeuge für den Umgang mit Desinformation vermitteln.
Im Bereich Integration sollen Projekte unterstützt werden, die demokratische Grundwerte, historische Kenntnisse und den interreligiösen Dialog fördern. Dazu zählen insbesondere Kooperationen mit der Islamischen Glaubensgemeinschaft sowie lokale Initiativen in Gemeinden und Jugendzentren.
Die Erinnerungskultur wird durch zusätzliche Förderprogramme, die Weiterentwicklung bestehender Gedenkinitiativen und die Prüfung eines möglichen Holocaust-Museums in Österreich gestärkt. Wissenschaftlich setzt die NAS 2.0 auf eine vertiefte Antisemitismusforschung, etwa zu israelbezogenem Antisemitismus, Verschwörungstheorien und neuen Formen digitaler Radikalisierung.
Die Bundesregierung plant außerdem, Österreichs Aktivitäten in internationalen Gremien wie der EU-Arbeitsgruppe zur Bekämpfung antisemitischer Diskriminierung oder der IHRA (International Holocaust Remembrance Alliance) auszuweiten. Ein jährlicher Bericht an den Nationalrat soll Transparenz über Fortschritte und Defizite schaffen. Für 2030 ist eine umfassende Evaluation vorgesehen, um über eine Weiterentwicklung der Strategie zu entscheiden.